Sind wir gedanklich wirklich soweit hinterher?

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In China sei es gerade Trend, dass Eltern bereits ihre vierjährigen Kinder zum Programmierkurs bringen, so jedenfalls berichtet das die WELT in einem Artikel (Link).

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Ist das der berühmte Sack voll Reis, der getrost ignoriert werden kann? Ist das Ausdruck übermotivierter Tigermoms, an denen man sich doch bitteschön bloß nicht ein Vorbild nehmen sollte?

Beides wäre wohl zu kurz gedacht.

Unterstellen wir, dass sich die Entwicklung der letzten zwei Jahrzehnte fortsetzt, so wird die Zukunft schlichtweg digital sein. Und zwar durch und durch digital. Und zwar weitestgehend losgelöst, von den kleinen rechteckigen Displays auf denen gerade so tüchtig herumgewischt wird. Unterstellt, dies wird der Fall sein: Warum nicht Kinder so früh wie möglich, damit vertraut machen, damit sie – wieder so früh wie möglich – die weiteren Entwicklungen aktiv miterleben und verstehen können? 

Für den Spracherwerb, Singen, Tanzen, Klettern, Musizieren setzten wir ja auch keine willkürlichen Grenzen und bestimmen, dass das doch wohl Zeit hätte bis zur Grundschule. Im Gegenteil sind zum Beispiel die Musikschulen für die musikalische Frühherziehung o.ä. proppenvoll und meist mit einer Warteliste heiß begehrt. Ähnlich begehrt sind die vormittaglichen Kindervorstellungen in den Opernhäusern und Konzertsäalen. Bei den schönen Künsten kann es also gar nicht früh genug losgehen – und zwar ohne die üblichen Bedenken, dass Kinder dann nicht mehr genug Zeit hätten zu spielen, zu toben oder „das können sie ihr ganzes Leben noch machen“.

Die Welt ist im Alltag bereits ziemlich digital: Fahrscheinautomaten der Bahn, Displays im Fahrstuhl und im Kaufhaus, Scannerkassen bei IKEA, Navis im Auto, Sprachbefehle beim telefonischen Kundenservice. Und dennoch wird scheinbar dieser digitale Wandel gerade wenig bereits mit Kleinkindern thematisiert. Wie ein Traktor oder Hubschrauber so ungefähr funktioniert, wissen auch schon Kitakinder. Aber wie die Stimme der Oma auf das Handy oder die Zeichentrickserie auf das Tablet gelangt – kein Plan.

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Warum eigentlich? Warum erklären Mama und Papa gerne die Funktion einer Kreuzungsampel („wenn wir rot haben, haben die anderen Grün, aber siehst den Abbiegepfeil, der…“), das Funktionieren eines Autos, einer Rakete oder die Physiognomie eines Pferdes aber nicht, wie das mit dem mobilen Telefonieren, dem Bestellvorgang bei Amazon oder dem  whatsapp-Gechatte funktioniert? Weil sie es selber nicht wissen? Wohl kaum, denn rudimentär kindgerecht wird das doch jeder mehr oder weniger wohl erklären können. Oder hängt diese Zurückhaltung insgeheim damit zusammen, dass sich Kinder gar nicht soviel damit beschäftigen sollen?

Sollte der letzte Gedanke tatsächlich zutreffen, so wäre dies allerdings vorsichtig ausgedrückt suboptimal, wenn eine solche Einstellung gegenüber Kindern auch noch negativ kommuniziert wird à la „Spiel nicht so viel mit dem Handy (Tablet), dass ist nicht gut für dich“, „pack das olle Ding weg“, „du kriegst noch quadratische Augen“, „die Dinger machen dumm“. Denn – siehe die Annahme oben – wie wirkt es sich wohl aus, wenn genau mit solchen Geräten und (digitalen) Mechanismen zu 90% jedes Kind hierzulande einmal später tagtäglich arbeiten muss?

Ist die anerzogene, innere Abneigung, das unterschwellig schlechte Gewissen, dann nicht schon – Achtung Wortspiel! – vorprogrammiert?

Ein häufig vorgebrachtes Argument lautet ja: „Dazu ist noch später Zeit. Die Kinder müssen sich damit noch ihr ganzes Leben beschäftigen.“

Stimmt. Aber das gilt auch für das Sprechen. Und trotzdem achten wir auf das grammatikalisch korrekte Erlernen der Sprache und korrigieren behutsam, wenn einmal zum Beispiel der Artikel falsch gewählt wurde. Interessanterweise wartet damit auch niemand für einen späteren Zeitpunkt oder überlässt das vertrauensvoll der Schule. Aber das Verständnis für das Digitale, die digitale Kompetenz, welche später einmal höchstwahrscheinlich die Grundlage für den Broterwerb darstellen wird, da wollen wir uns Zeit lassen. Das passt einfach nicht zusammen.

In Großbritannien ist der verpflichtende Programmierunterricht in der Grundschule bereits vor weit über einem Jahr eingeführt worden (Link). Und hierzulande? Hier führen wir schöngeistige Phantomdebatten (Link) darüber, dass es auch im Digitalzeitalter weiter wichtig ist, dass Kinder Lesen und Schreiben lernen – als wenn jemand ernsthaft gefordert hätte, das Abzuschaffen. 

„Software frisst die Welt“ – diese Prophezeiung hat sich bereits jetzt (Amazon, Uber, Netflix, Mobilfunk, WhatsApp etc.) bewahrheitet. Die Welt wird digital. Und dieses Digitale sollte genauso früh pädagogisch vermittelt werden, wie Autos, Rolltreppen, Eisenbahn, Geldmünzen, die Gefahr von Stromsteckdosen und woher die Milch kommt. Alles andere macht einfach keinen Sinn.

von Rechtsanwalt Holger Klaus  [Mehr…]

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