Das ewige Thema: Kita-Satzungen und Essensgeld in Brandenburg!
Das OVG Berlin-Brandenburg hat jüngst (Urteil vom 13.09.2016 – Az. OVG 6 B 87.15) den Fall eines Vaters in Brandenburg entschieden, der von der Gemeinde als Kindergarten-Träger seine an ein Caterer-Unternehmen gezahlten Essensgeldbeiträge für den Zeitraum Januar 2014 bis einschließlich März 2015 zurückforderte.
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Das Verwaltungsgericht Potsdam gab dem Vater in erster Instanz Recht und sah einen Anspruch für ihn nach den Grundsätzen der sog. öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag als begründet an.
Die Gemeinde lagerte nämlich, wie so viele andere Gemeinden in Brandenburg zu dieser Zeit auch, ihren nach dem KitaG bestehenden Versorgungsauftrag der Kinder mit Mittagessen an ein Drittunternehmen aus. Die Eltern mussten selbst Verträge mit dem externen Essensanbieter schließen.
Laut der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Potsdam hätte der Kläger sogar das gesamte Essensgeld zurückfordern können. Der Kläger forderte allerdings nur die Differenz zwischen den von ihm nach dem Gesetz zu leistenden „ersparten Eigenaufwendungen“ und dem tatsächlich geforderten Betrag in Höhe von 3,04 Euro ein. Dabei schätzte der Kläger seine ersparten Eigenaufwendungen selbst auf 1,70 Euro. Es verblieb so ein Differenzbetrag von 1,34 Euro pro Mittagessen.
Zwar hat das OVG Berlin-Brandenburg dem Vater in der eingeklagten Erstattungshöhe Recht gegeben. Es hat aber seine Entscheidung anders begründet als das Verwaltungsgericht Potsdam. Die öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag sei im vorliegenden Fall nicht einschlägig, denn der hierfür erforderliche Fremdgeschäftsführungswille sei nicht hinreichend deutlich in Erscheinung getreten.
Auch für einen Aufwendungsersatzanspruch nach § 36a Absatz 3 Satz 1 SGB VIII bestehe kein Raum, da es sich hier insbesondere nicht um eine dieser Norm entsprechende „Selbstbeschaffung“ durch den Vater gehandelt habe.
Das OVG sah zugunsten des Vaters vielmehr einen öffentlich-rechtlich Erstattungsanspruch als gegeben an. Dieser soll „eine dem materiellen Recht nicht entsprechende Vermögensverschiebung“ korrigieren.
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„Wer unberechtigt einen Vermögensvorteil erlangt hat, muss ihn an denjenigen herausgeben, dem die Rechtsordnung den Vorteil zuweist.“
So habe, nach Ansicht des OVG, der Kitaträger hier auf Kosten des Vaters Aufwendungen erspart, ohne dass hierfür ein rechtlicher Grund gegeben sei.
Der Vater entrichtete das Essengeld in voller Höhe (3,04 Euro) an das Caterer-Unternehmen. Der Kitaträger hat Aufwendungen für die Bereitstellung des Mittagessens erspart, obwohl ihm gemäß § 3 Absatz 2 Nr. 7 KitaG die Aufgabe der Mittagessensversorgung obliegt.
Der von den Eltern ebenfalls per Gesetz vorgesehene Zuschuss zur Versorgung des Kindes mit Mittagessen (Essensgeld) besteht in Höhe der durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen (§ 17 Absatz 1 Satz 1 KitaG). Die Eltern/Personensorgeberechtigten haben also über diese ersparten Eigenaufwendungen hinaus keinen Beitrag für Mittagessen zu zahlen.
Im vorliegenden Fall gelang es der Gemeinde als Kitaträger nicht, nachzuweisen, dass die vom Caterer-Unternehmen veranschlagten 3,04 Euro pro Mittagessen diesen durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen der Eltern auch tatsächlich entsprochen haben.
Und dies war genau der Knackpunkt des Falles.
Denn: Hätte die Gemeinde nämlich entsprechendes nachweisen könne, wäre der Vater mit seiner Rückforderung leer ausgegangen!
Durchschnittlich ersparte Eigenaufwendung – was ist das?
Diese im § 17 Absatz 1 KitaG so schön formulierte Begrifflichkeit sorgt für viel Wirbel, denn niemand weiß so recht etwas damit anzufangen. Wie wird sie berechnet? Dem hier vorgestellten Urteil des OVG Berlin-Brandenburg kann mitnichten ein Richtwert für die Höhe der durchschnittlichen Eigenaufwendungen entnommen werden. Denn wie die Höhe der durchschnittlichen Eigenaufwendungen tatsächlich bestimmt werden kann, steht nicht konkret im Gesetz.
Etwas mehr Aufschluss hierüber kann jedoch Herr Detlef Diskowski, Referatsleiter für Kindertagesbetreuung, Kinder- und Jugendhilferecht und familienunterstützende Angebote, geben. In der von ihm hierzu erstellten Kommentierung, die auch im vorliegenden Urteil des OVG herangezogen wurde, heißt es:
„Der Durchschnitt berechnet sich nach den ersparten Eigenaufwendungen aller Eltern bzw. Personensorgeberechtigten der Kinder der Kindertagesstätte. Besonders aufwendige, teure Verpflegungsstile haben ebenso unberücksichtigt zu bleiben wie besonders einfache bzw. preiswerte. In den Wert der ersparten Eigenaufwendungen gehen die Rohmaterialien, Grundstoffe, Energie und in entsprechendem Umfang Be- und Entsorgungskosten ein. Personalkosten sind hingegen nicht zu berücksichtigen, da im Familienrahmen die Essenszubereitung in der Regel eine unentgeltliche Leistung ist und die Eltern deshalb insoweit nichts einsparen.“ (vgl. Diskowski/Wilms, Kindertagesstätten in Brandenburg, zu § 17 Ziff. 2.3)
Diese Auslegung hat er zu einem späteren Zeitpunkt in einem Internetforum für Kindertagesbetreuung noch ergänzt:
„Es ist m.E. zulässig als Maßstab das konkrete Essen in der konkreten Kita zum Maßstab zu nehmen. Wird also in einer Kita aufwändiger gekocht, so könnte sich dies durchaus im Essengeld widerspiegeln, weil die Eltern zur Herstellung DIESES Essens auch mehr ausgeben müssten.„
Ein Kitaträger muss nach den vorgenannten Kriterien also lediglich darlegen können, dass die von ihm veranschlagte Beitragshöhe des Essensgeldes die häusliche Ersparnis der Eltern/Personensorgeberechtigten nicht übersteigt.
Zudem entspricht die Auslegung des Herrn Diskowski dahingehend, dass natürlich auf das in der Kita konkret ausgegebene Mittagessen abgestellt werden könne und nicht etwa bspw. die „häusliche Ersparnis“ aus dem Sozialhilferecht, ebenfalls dem Gesetz.
Dieses schreibt dem Kitaträger nämlich nicht nur die Gewährleistung der Versorgung der Kinder in § 3 KitaG vor, sondern zusätzlich auch eine gesunde Ernährung. Gleichzeitig müssen die Beitragserhebungen den Eltern/Personensorgeberechtigten aber auch noch der Sozialverträglichkeit entsprechen.
Ein schmaler Grad. Gesunde Ernährung hat ihren Preis.
Ausdrücklich nicht entschieden hat das OVG im vorliegenden Fall, ob die „ersparten Eigenaufwendungen“ bei der Rückforderung von Essensgeld abgezogen werden müssen, da der Vater dies ohnehin selbst in Höhe von 1,70 Euro getan hat.
Insofern hatte OVG darüber nicht zu entscheiden. Angesichts des hier vom OVG angewendeten allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, der grundsätzlich dem zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch entspricht, dürften Eltern/Personensorgeberechtigte in ähnlich gelagerten Fällen wohl nicht ihre kompletten Beiträge zurückfordern können.
Denn per Gesetz wird ihnen ebenfalls eine Beitragspflicht in Höhe der ersparten Eigenaufwendungen zur Mittagessensversorgung auferlegt. Dabei wird es dann auch maßgeblich darauf ankommen, inwieweit der jeweilige Kitaträger nachweisen kann, dass die geforderten Beiträge für das Mittagessen die „ersparten Eigenaufwendungen“ der Eltern decken bzw. nicht überdecken.
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