Ist es o.k. wenn ich mir mein Arbeitszeugnis vorschreiben soll?
Antwort
Kurzfassung: Rechtlich nein. Taktisch ja.
Langfassung: Das Anfertigen und Ausstellen eines Zwischenzeugnisses oder (End-) Arbeitszeugnisses ist Aufgabe des Trägers als Arbeitgeber.
Zwar kann die Aufgabe des Verfassens von Arbeitszeugnissen auf bestimmte Beschäftigte per Weisung delegiert werden. Aber Erzieherinnen oder Erzieher gehören ganz sicher nicht zur Berufsgruppe, die hierzu verpflichtet werden können. Und ganz besonders gilt dies, wenn es um das Verfassen oder auch nur Vorschreiben des „eigenen“ Zeugnisses geht.
Im direkten Verhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgeber regelt das Gesetz eindeutig, dass ein Anspruch auf Erteilung eines schriftlichen Arbeitszeugnisses besteht, § 109 GewO, § 630 BGB, und damit durch den Träger als Arbeitgeber zu erfüllen ist.
Und ein Anspruch wäre bekanntlich nicht viel wert, wenn man es am Ende „selber machen“ muss… Rechtlich nicht o.k. wäre es somit, wenn diese Arbeit des Erstellens verpflichtend auf den das Zeugnis wünschenden Arbeitnehmer „abgewälzt“ wird und dann der Arbeitgeber nur noch die Unterschrift darunter setzt.
Aber!
Taktisch wird dies sicherlich ganz anders zu bewerten sein.
Zunächst: In der Praxis vollkommen üblich und ebenso – auch rechtlich – o.k. ist es, wenn einer Erzieherin oder einem Erzieher es überlassen wird, einen Formulierungsvorschlag zu unterbreiten. Der Arbeitgeber kann diesen freiwillig erstellten Vorschlag nehmen und mit der entsprechenden Unterschrift dann zu „seiner“ Erklärung machen.
Soll der Entwurf aber nun nicht freiwillig angefertigt werden, sondern wird er schlichtweg als weitere Arbeitsleistung erwartet, sollten sich Erzieher hier aus taktischen Erwägungen vielleicht nicht unbedingt sträuben. Denn es mag zwar eine unliebsame Arbeit sein. Zeugnisschreiben ist selten eine vergnügliche Angelegenheit, weshalb ja auch Träger und Leitungen dies ganz gerne delegieren. Allerdings besteht mit dieser Aufgabe eben auch die Möglichkeit, die Dinge im Zeugnis „unterzubringen“, die für einen selbst besonders wichtig erscheinen. Mögen dies besondere Tätigkeiten oder Leistungen im Kita-Alltag sein oder eben auch absolvierte Fortbildungen oder Projekte. Und natürlich erhält man hierdurch das erste „Vorschlagsrecht“ für die einzelnen Noten zu Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis.
Vielleicht winkt ein Arbeitgeber dies alles ja einfach durch und schon ist das spitzenmäßige Zeugnis da!
Jedoch Vorsicht!
Gerade wenn das Arbeitsverhältnis sich eher belastet dem Ende zuneigt, könnte eine Leitung oder ein Träger in die Versuchung geraten, ein subjektiv vielleicht als toll empfundenes Zeugnis, welches objektiv aber infolge der suboptimalen Anwendung der üblichen Zeugnissprache und Zeugnisregeln völlig missglückt ist, einfach auszustellen. Frei nach dem Motto: sie oder er hat es ja so gewollt, dann wird sie/er sich auch nicht beschweren können.
Daher:
Wer sich an einem Zeugnisentwurf versucht, sollte unseres Erachtens schon eine gewisse Ahnung davon haben, wie schlussendlich ein Spitzenzeugnis oder auch nur das solide Zweierzeugnis tatsächlich aussieht und welche Formulierungen tunlichst unterlassen werden sollten, die das Ganze am Ende wieder konterkarieren. Dazu gehört auch die häufige Versuchung, ein Zeugnis viel zu positiv zu gestalten. Der Verdacht auf Ironie
oder das hier jemand regelrecht weggelobt werden sollte, kann sich dann schnell bei potentiell neuen Trägern einstellen.
Und dann wäre am Ende tatsächlich der Schaden größer als der vermeintliche Gewinn mit einem selbstverfassten Zeugnis, oder?
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