1 Kita, 6 angestellte Erzieher, 45 Kinder, und Null Gewerbesteuer
Ein Gastbeitrag von Steuerberater Christian Schulenburg, Berlin
Muss eine Kita-Betreiberin Gewerbesteuer zahlen? Diese Frage hatte das Finanzgericht Hamburg zu beantworten.
Hierfür stellte sich das Gericht die folgende Frage: Wieviele Leute kann ich anstellen und wie viele Kinder betreuen, dass noch von einer eigenverantwortlichen Tätigkeit ausgegangen werden kann?
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Die Eigenverantwortlichkeit bezieht sich hier auf die persönliche Beziehung der Kita-Betreiberin zu den einzelnen Kindern.
Danach nimmt die Eigenverantwortlichkeit ab und zugleich die Wahrscheinlichkeit der Gewerbesteuerpflicht zu, je mehr Leute angestellt und je mehr Kinder betreut werden.
Die Frage der Gewerbesteuerpflicht ist wichtig. Denn die Gewerbesteuer stellt mit rund 7 % bis gut 19 % der Einnahmen einen erheblichen Kostenfaktor dar. Kann sie vermieden werden, schont dies die Kita-Kasse deutlich.
Was war geschehen?
Die Kita-Betreibern und zugleich Klägerin ist eine natürliche Person. Sie betreibt eine Kita mit 45 Plätzen.
Die Kinder wurden in zwei Gruppen betreut, einer Krippengruppe für die Ein- und Zweijährigen und einer Elementargruppe für die Drei- bis Sechsjährigen. In den beiden Gruppen waren jeweils drei angestellte Erzieherinnen tätig.
Daneben waren eine Verwaltungsangestellte, eine hauswirtschaftliche Kraft und eine Aushilfe im pädagogischen Bereich in der Kita beschäftigt. Regelmäßig waren darüber hinaus zwei Teilnehmer des Bundesfreiwilligendienstes (sog. Bufdis) sowie Praktikanten beschäftigt.
Die Klägerin nahm regelmäßig am Alltag der beiden Gruppen (Bringzeit, Morgenkreis, Hofspiel, Vorschulunterricht, Spätdienst, Vertretungen) sowie der Aufnahmegespräche und der Begleitung in der Eingewöhnungszeit teil, lernte jedes Kind kennen und beobachtete es laufend in seiner Entwicklung.
Sie förderte die Kinder durch ihre eigene Beschäftigung mit ihnen und steuerte durch tägliche individuelle Gespräche mit den Erzieherinnen, die regelmäßige Teilnahme an deren Teambesprechungen, die Organisation der Fortbildungen und allgemeine Vorgaben bezüglich des pädagogischen Konzeptes die Erziehungstätigkeit in der Kita insgesamt.
In ihren Steuererklärungen ordnete die Kita-Betreiberin ihren Gewinn aus der Kita den freiberuflichen Einkünften zu. Gewerbesteuer wäre dann keine angefallen.
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Die Ansicht des Finanzamts:
Das Finanzamt jedoch wollte Gewerbesteuer haben. Es begründete dies damit, dass die Kita mit über 40 Kindern zu groß sei als dass die Klägerin zu jedem einzelnen Kind eine Beziehung aufbauen könne.
Diese Beziehung würde in erster Linie von den angestellten Erziehern gewährleistet werden. Bei über 40 Kindern könne nicht mehr von einer eigenverantwortlichen Tätigkeit der Klägerin ausgegangen werden.
Das Urteil des Finanzgerichts Hamburg:
Das FG Hamburg fällte am 20.01.2015 zum Aktenzeichen 3 K 157/14 sein Urteil: Die Klägerin sei nicht gewerbesteuerpflichtig.
Vielmehr sei sie freiberuflich tätig. Es folgte damit der Meinung der Klägerin.
Eine Kita mit 45 Plätzen sei keineswegs zu gross, um eine persönliche Beziehung zu jedem Kind herstellen zu können. Insbesondere weil die Kinder die Kita in der Regel mehrere Jahre lang besuchen.
Bei einem fast täglichen Kontakt über einen derart langen Zeitraum ist gewährleistet, dass nicht nur jedes Kind die Klägerin kennenlernen, sondern umgekehrt die Klägerin jedes Kind kennenlernen und in seiner individuellen Entwicklung begleiten konnte. In der Kita der Klägerin kannten sie die betreuten Kinder tatsächlich, sogar die ganz kleinen Kinder.
Fazit:
Eine Kita mit 6 Erziehern und 45 Kindern ist übersichtlich genug, um freiberuflich betrieben werden zu können. Gewerbesteuer fällt keine an.
Ob dies auch gilt, wenn ein zweiter Standort hinzukommt, wird davon abhängen, ob zu jedem einzelnen Kind eine persönliche Beziehung aufgebaut werden kann. Das Gericht ließ die Antwort auf diese Frage offen.
Um steuerliche Hindernisse zu vermeiden, sollte frühzeitig der Rat eines Steuerberaters eingeholt werden.