Eine Beschwerde ist legitim – nicht aber wenn bewusst unwahre Behauptungen aufgestellt werden!
Eine etwas provokante Überschrift. Dessen sind wir uns bewusst.
Worum geht es?
Es soll aber auch im Folgenden gar nicht um die Vielzahl an Beschwerden von Kita- oder Hort-Eltern gehen, die sich als ultima ratio an die Aufsichtsbehörden wenden, da sie von mutmaßlichen Misständen berichten möchten. Dies ist natürlich zunächst einmal legitim.
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Stattdessen soll es im Weiteren um die (Einzel?)Fälle gehen, in denen bewusst unwahre Behauptungen und Angaben über – zumeist – Erzieher oder den Träger gemacht werden. Sei es, um einen sich tatsächlich ereigneten Fall über das wahre Ausmaß hinaus mit zusätzlichen Behauptungen zuzuspitzen („damit auch wirklich etwas passiert“) oder sei es, um eine ganz andere, längst vergangene Streitigkeit oder Kränkung zu kompensieren (Stichwort: Rache). Oder, um vielleicht im Mittelpunkt zu stehen. Die Gründe mögen vielfältig und vielleicht nicht immer unbedingt rational nachvollziehbar sein.
Die unwahre Beschwerde bei der Kita-Aufsicht
Eine solche Beschwerde ist jedenfalls schnell gemacht und löst in den allermeisten Fällen erst einmal einen Verwaltungsvorgang aus. Sind Betroffene dann mit solchen unwahren Behauptungen konfrontiert, ist dies natürlich recht unangenehm und mit meist viel Aufwand verbunden, den Vorwurf zu entkräften.
Im Fall von bewusst unwahren Behauptungen ist dies natürlich um so erheblicher, da es eben nicht um eine subjektive Wahrheit oder zwei Seiten einer Geschichte geht (wie gesagt, um legitime Beschwerden wegen tatsächlicher oder mutmaßlicher Missstände soll es hier nicht gehen).
Was die Urheber (Eltern oder zum Beispiel auch ehemalige Beschäftigte) solcher erlogenen Vorwürfe aber häufig übersehen ist, dass sie sich mit ihren bewusst unwahren Behauptungen im strafrechtlich „roten Bereich“ bewegen könnten.
Die mögliche Strafbarkeit
Denn es gibt da im Strafgesetzbuch (StGB) eine Norm und die nennt sich Falsche Verdächtigung.
Geregelt ist sie in § 164 StGB und lautet in Auszügen wie folgt:
(1) Wer einen anderen bei einer Behörde (…) oder öffentlich wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat oder der Verletzung einer Dienstpflicht in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Weiter gilt nach § 164 Absatz 2 StGB:
(2) Ebenso wird bestraft, wer in gleicher Absicht bei einer der in Absatz 1 bezeichneten Stellen oder öffentlich über einen anderen wider besseres Wissen eine sonstige Behauptung tatsächlicher Art aufstellt, die geeignet ist, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen.
Wer also u.a. gegenüber einer Behörde – und die Kita-Aufsicht ist eine Behörde – wider besseren Wissens eine rechtswidrige Tat eines anderen behauptet oder wider besseren Wissens Sachbehauptungen aufstellt, die geeignet sind ein behördliches Verfahren herbeizuführen, macht sich unter Umständen strafbar.
Was ist dagegen erlaubt?
Eltern die in Sorge von einem angenommenen Vorfall oder Missstand berichten, sind hiervon natürlich nicht erfasst. Selbst wenn sie in ihrer Beschwerde zu wertenden (falschen) Schlussfolgerungen aus einem wahrheitsgemäß geschilderten Sachverhalt kommen mögen. Gleiches gilt bei Meinungsäußerungen und mitgeteilten Werturteilen.
Der wider besseren Wissens geäußerte Vorwurf oder Verdacht muss eine rechtswidrige Tat betreffen. Eine fälschlich geschilderte Ordnungswidrigkeit eines Erziehers reicht nicht aus, um eine Strafbarkeit nach § 164 StGB zu begründen.
Aber was ist unwahr im Sinne dieser Strafnorm?
Hierzu gibt es seit langer Zeit die Definition, dass die Verdächtigung objektiv falsch und zudem vom Anzeigenden bzw. sich Beschwerenden in Kenntnis ihrer Unrichtigkeit gemacht worden sein muss.
Wichtig ist zudem, dass eine Strafbarkeit nur in Betracht kommt, wenn der Vorwurf gegen eine andere Person erhoben wird. Ist dagegen der Kindergarten- oder Hort-Träger insgesamt das Ziel unrichtiger Vorwürfe, so kommt eine Strafbarkeit nach § 164 StGB in den meisten Fällen nicht in Betracht, es sei denn, in den Schilderungen ist eine Person bereits so hinreichend individualisiert, dass diese ermittelt werden kann.
Bewusst lügende Eltern sollten also besser zweimal überlegen, ob sie diese rote Linie wirklich überschreiten wollen.
Was könnte noch folgen?
Denn neben dem strafrechtlichen Aspekt der Falschen Verdächtigung nach § 164 StGB könnte als „Rattenschwanz“ auch noch die strafrechtlich ebenfalls relevante Verleumdung nach § 187 StGB oder die Üble Nachrede nach § 186 StGB eine Rolle spielen.
Darüber hinaus gibt es noch so unschöne Sachen wie das „Vortäuschen einer Straftat“ nach § 145d StGB. Dieser Straftatbestand kann erfüllt sein,
(1) Wer wider besseres Wissen einer Behörde oder einer zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Stelle vortäuscht,
1. daß eine rechtswidrige Tat begangen worden sei oder
2. daß die Verwirklichung einer der in § 126 Abs. 1 genannten rechtswidrigen Taten bevorstehe,
Schlussendlich werden sich solcher Taten bezichtigte Erzieher oder Träger mit Sicherheit auch noch zivilrechtlich durch die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen – zum Beispiel ganz schnell in einem einstweiligen Verfügungsverfahren – und gegebenenfalls Schadensersatzansprüchen wehren.
Die „Freude“ über das von einer Kita-Aufsicht in Gang gesetzte behördliche Verfahren dürfte dann von recht kurzer Dauer sein.
von Rechtsanwalt Holger Klaus
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