Wenn der Kita-Träger aus einem befristeten Arbeitsvertrag wegen Übergewicht keinen unbefristeten machen will…

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Unfassbare 45 % aller neu abgeschlossenen Arbeitsverträge sind befristet. Und im Erzieher*innenbereich dürfte die Zahl noch um Einiges höher liegen. Jedenfalls stellen wir dies in unserer anwaltlichen Beratungspraxis immer wieder fest.

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Um so spannender ist daher für viele Erzieher*innen und Träger die Frage, wann sie auf eine Entfristung hoffen dürfen, beziehungsweise – aus Trägersicht – auf den rechtlichen Bestand der Befristungsabrede im Arbeitsvertrag vertrauen können. Denn haben sich bei der Befristung keine ärgerlichen Formfehler eingeschlichen, so endet ein Arbeitsverhältnis grundsätzlich mit Ende des Befristungszeitraums.

Etwas anderes kann natürlich gelten, wenn zuvor anderweitige Zusicherungen gemacht wurden und ein*e Arbeitnehmer*in hierauf vertrauen durfte. Dann kann sich unter Umständen ein Weiterbeschäftigungsanspruch einer Erzieherin oder eines Erziehers über das Ende der Befristung hinaus ergeben.

Besonders heikel kann es zudem werden, wenn ein Kitaträger die Motive für das Absehen von einer Weiterbeschäftigung allzu freimütig preisgibt. Dies zeigt sich beispielsweise besonders eindrucksvoll an einem Fall, der erst unlängst von einem Landesarbeitsgericht (LAG) in zweiter Instanz entschieden werden musste.

Grund: Übergewicht!

Denn im dortigen Fall, der sich außerhalb des Kitabereichs abspielte aber natürlich übertragen werden kann, hatte der oder die Arbeitgeber*in die „Nichtübernahme“ eines Arbeitnehmers in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis damit begründet, dass der  Arbeitnehmer stark übergewichtig – und zwar schon im Bereich der Adipositas – gewesen sei und er, also der oder die Arbeitgeber*in, infolge dessen zusätzliche Erkrankungen und Arbeitsausfälle in der Zukunft fürchtete.

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Hiergegen versuchte sich der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht zu wehren und erhob Klage mit der Behauptung, er werde unzulässig aufgrund seines Gewichts diskriminiert.

Unerlaubte Diskriminierung?

Denn es gab schon in der Vergangenheit Urteile, die eine Adipositas als eine Behinderung betrachtet und daher bei einer ungerechtfertigten Benachteiligung einen Verstoß gegen das sogenannte Anti-Diskriminierungsgesetz (AGG) bejaht hatten.

Im vorliegenden Fall blieb es jedoch bei dem Versuch des Arbeitnehmers, gegen die Nichtübernahme nach Ende des Befristungszeitraums im Arbeitsvertrag vorzugehen. Denn in beiden Instanzen blieb das Begehren des Arbeitnehmers erfolglos. 

Die Gerichte haben nämlich richtigerweise darauf abgestellt, dass in dem zu entscheidenden Fall eine Behinderung des Arbeitnehmers infolge seines Übergewichts nicht vorlag. Denn seine Teilhabe am (allgemeinen) Arbeitsleben gemäß seine ausgeübten Berufs sei nicht beeinträchtigt gewesen. Der Beruf könne immer noch ausgeübt werden, auch wenn nicht bei dem bzw. der vorherigen Arbeitgeber*in.

Und der durfte – weil es keine Diskriminierung wegen einer Behinderung gab – am Ende der Befristung frei entscheiden, ob er verlängern wollte oder eben auch nicht.

Fazit:

Was häufig immer wieder übersehen wird:

Es gibt keinen allgemeinen Anspruch, selbst bei guter Arbeit auch unbefristet übernommen zu werden. Darüber hinaus wird häufig auch verkannt, dass man wegen sehr vieler Dinge sehr wohl jemanden ungleich behandeln darf.

Denn das AGG schützt lediglich vor Diskriminierungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität – und nicht einmal das immer und in jedem Fall.

Für Erzieher*innen in Kita, Kindergarten oder Hort bedeutet das ganz konkret, dass tatsächlich wegen eines starken Übergewichts von einer Verlängerung des Arbeitsvertrages abgesehen werden kann, soweit (noch) keine Behinderung vorliegt und auch nicht anderweitige bindende Zusagen gemacht worden sind. 

Allerdings sollte sich ein Träger in Zeiten des Erzieher*innenmangels ein solches Vorgehen natürlich gut überlegen. Auch in Hinblick auf die Wahrung der Betreuungskontinuität könnte eine solches Vorgehen durchaus zu Stirnrunzeln führen – dies insbesondere, wenn es sich überdies um einen bei Kollegen, Eltern und vor allem bei den Kindern beliebten Erzieher*in handeln sollte. 

von Rechtsanwalt Holger Klaus   [Mehr…]

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