Schließzeiten vertragen sich nicht mit dem Betreuungsanspruch von Eltern – und Kita-Betreuungsverträge sind zu halten.  

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In Mecklenburg-Vorpommern und dort insbesondere in Rostock hat unlängst das Vorhaben einiger Kita-Träger, plötzlich Schließzeiten einführen zu wollen, für erhebliche Unruhe bei den dortigen Eltern gesorgt.

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Als Begründung hierfür wurde ein ganzer Strauß an Argumenten benannt (zum Beispiel in diesem Zeitungsartikel), die teilweise in diesem Kontext wenig überzeugen oder verschiedene rechtliche Ebenen unzulässig miteinander vermischen. Aber der Reihe nach:

„Pacta sunt Servanda“

In einem bestehenden Vertragsverhältnis können Betreuungsverträge nicht einfach zum Nachteil einer Partei verändert werden. Verträge sind zu halten besagte schon das römische Recht und die Teilkündigung ist ohne gesonderte Regelung nicht möglich.

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Für den Fall also, dass sich in den bereits geschlossenen Betreuungsverträgen zwischen Träger und Kita-Eltern nicht irgendwelche Vorbehalte finden lassen, die zudem auch noch rechtswirksam sind, kann ein Träger nicht einfach mehrwöchige Schließzeiten für den Sommer ankündigen, denn die Betreuung von Kindern ist eine der Hauptleistungspflichten, die nicht einfach einseitig geändert werden dürfen und können.

Eltern können sich also in Fällen, in denen ihr Vertrag keine ausdrücklichen Aussagen zu etwaigen Schließzeiten macht, gegebenenfalls auch eine Betreuung ihrer Kinder im Sommer einfordern und gegebenenfalls auch gerichtlich durchsetzen.

Völlig unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang übrigens, ob die jeweilige landesgesetzliche Regelung die Einführung von Schließzeiten zulässt und / oder überdies der jeweilige Betreibervertrag zwischen dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Stadt, Gemeinde, Landkreis) dies vorgibt oder freistellt.

Denn dies ist für Eltern erst einmal unverbindlich. Relevant ist die vertragliche Regelung zwischen Eltern und dem Träger der Einrichtung. Hat(te) sich der Träger der Einrichtung dazu entschlossen, keine Schließzeiten einzuführen, so wird er sich hieran festhalten lassen müssen. Dies zumal das Nichtvorhandensein von Schließzeiten durchaus häufig auch noch ausdrücklich beworben wurde – sei es auf der Webseite oder bei den Vorstellungstagen für interessierte neue Eltern.

Ein solches ausdrückliches oder auch nur schlüssiges Versprechen kann ein Träger nicht einfach für hinfällig erklären.

Denkbar ist es natürlich, dass ein Träger damit beginnt, lediglich allen neuen Eltern geänderte Betreuungsverträge vorzulegen und so für die Zukunft zu den angestrebten Schließzeiten gelangt. Bestandskunden, und das sind Eltern im übertragenen Sinne, betrifft dies jedoch nicht.

Schließzeiten wegen Erziehermangel?

Nicht vorhandene Erzieher als Grund für die Einführung von Schließzeiten zu benennen ist dabei ein gewagtes Argument. Denn dies bedeutet nichts anderes, als dass es einem Träger nicht gelingt, seinem Leistungsversprechen nachzukommen. Hat er zu wenig Personal, wird ein Träger von seiner Leistungsverpflichtung womöglich teilweise oder zur Gänze frei, er macht sich aber auch schadensersatzpflichtig!

Das ist vergleichbar, als wenn der langersehnte und teuer bezahlte Flug in den Urlaub deshalb ausfällt, weil für die Fluggesellschaft gerade kein Pilot zur Hand ist! Es dürfte auf der Hand liegen, dass sich jeder Passagier sehr genau in einem solchen Fall über die Möglichkeit, Schadensersatz verlangen zu können, informieren wird.

Andere machen das doch auch!

Ja und? Nur weil andere Einrichtungen Schließzeiten haben, darf man doch nicht plötzlich vertragsbrüchig werden!

Für die Zukunft – siehe oben – mag man das ebenso handhaben können, aber nicht im Hinblick auf die bestehenden Kita-Betreuungsverträge, die eben so etwas nicht vorsehen und auf die die Eltern zurecht vertrauen dürfen. 

Aber Erzieher wollen doch mal 3 Wochen am Stück Urlaub haben!

Dass insbesondere stark belastete Erzieher sich im Sommer auch einmal 3 Wochen am Stück erholen sollen, wird niemand ernsthaft bestreiten wollen.

Allerdings: Dieses „Argument“ ist reine Effekthascherei!

Und schlimmer noch: Das „Argument“ versucht unzulässig Eltern und Erzieher gegeneinander auszuspielen! 

Es ist bei genauerer Betrachtung nämlich gar kein richtiges Argument, sondern die gesetzliche Vorgabe, die sowieso einzuhalten ist:

Denn § 7 Abs.2 BUrlG besagt:

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

Spannend in diesem Zusammenhang ist zudem, dass ein Träger auch nicht so einfach Betriebsferien (das sind nämlich die Schließzeiten aus Sicht von Erziehern) anordnen kann.

Gibt es nicht etwa eine tarifvertragliche Regelung, so ist vom Träger zu beachten, dass ein nicht unerheblicher Teil des Urlaubsanspruchs eines Erziehers sowieso zu seiner eigenen Verfügung übrig bleiben muss. 

Eltern, die ihre Kinder 365 Tage bringen

Auch dies ist natürlich schlichtweg kein Argument für die Einführung von Schließzeiten. Zum einen dürfte es in Deutschland nur recht wenige Kindergärten geben, die tatsächlich immer geöffnet sind. Zum anderen wird auch ein Kind ab und an krank sein und nicht in der Kita erscheinen. Aber das soll nicht der Punkt sein. 

Relevant ist alleine:

Falls ein Kind immer oder fast immer in die Kita gebracht wird, ist das kein Grund Schließzeiten einzuführen, sondern Anlass sofort ein §8a SGB VIII – Verfahren durchzuführen, da dann womöglich etwas Zuhause nicht stimmt!

Allerdings stellt sich dann die Frage, ob das Kind nicht in der Kita womöglich sogar besser aufgehoben ist – was wiederum eindrucksvoll gegen Schließzeiten sprechen würde.

Der Betreuungsanspruch kennt keine Schließzeiten

Der gesetzliche Anspruch auf Betreuung nach § 24 SGB VIII kennt keine Schließzeiten. Er kennt übrigens auch keine Öffnungszeiten zum Beispiel allein zwischen 8 Uhr und 16 Uhr. Im Gegenteil! Der Gesetzgeber hat nämlich verpflichtend vorgegeben, dass ein bedarfsgerechtes Angebot vorzuhalten ist. 

Diese Vorgabe trifft allerdings den öffentlichen Träger der freien Jugendhilfe und nicht den freien Träger. Aber gerade deswegen werden die Träger oftmals dazu verpflichtet, auch in den Schließzeiten zumindest eine Notbetreuung mit einem abgespeckten pädagogischen Angebot vorzuhalten oder im Fall der völligen Schließung der Einrichtung, für Eltern mit Bedarf eine Betreuung in einer anderen Einrichtung, gegebenenfalls auch bei einem anderen Träger, zu gewährleisten. 

In anderen Gegenden Deutschlands ist dies im Übrigen ein ganz normales Prozedere. Dort wird oftmals durch Kooperationsvereinbarungen mit anderen Trägern sichergestellt, dass man als Träger bei Schließzeiten nicht vertragsbrüchig wird und zudem nicht das Jugendamt mit Anfragen nach Betreuung auch während der Schließzeit überrannt wird.

„unbedingte Gewährleistungspflicht“

Denn dies wäre die zwangsläufige Folge von flächendeckend eingeführten Schließzeiten ohne Ersatz- bzw. Ausweichmöglichkeiten für Eltern.

Der BGH hat ja erst unlängst recht eindeutig zum Betreuungsanspruch nach § 24 SGB VIII festgestellt, dass die Städte und Gemeinden als Träger der öffentlichen Jugendhilfe eine unbedingte Gewährleistungspflicht auf bedarfsgerechte Förderung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege trifft. 

Etwaige Schadensersatzansprüche von Eltern, falls diese nicht gegenüber einem etwaig vertragsbrüchigen Träger geltend gemacht werden können, wären somit nur eine Frage der Zeit. 

von Rechtsanwalt Holger Klaus   [Mehr…]

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