Freier Träger in Bayern will Eltern über 8 Monate lang an Betreuungsvertrag fesseln!
Erst kürzlich haben wir über die Kuriositäten von Kündigungsfristen in Betreuungsverträgen und deren daraus folgenden Nichtigkeit berichtet. Nun haben wir erneut ein Mandat zu diesem Thema aus Nürnberg erhalten. Hier geht es zwar nicht um unklare Formulierungen, aber um die Dauer der Kündigungsfrist.
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Unserer Ansicht nach wurde der Vertrag durch Kündigung der Eltern ordnungsgemäß zum 28.02.2015 beendet. Die Gegenseite geriert sich hingegen großzügig, indem sie die Beendigung des Vertrages zum 30.06.2015 anstatt zum 31.08.2015 – wie in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Vertrags “vereinbart” – gelten lassen will.
Durch eine Kombination von Kündigungsfrist und Kündigungstermin entsteht dabei eine vertragliche Bindung trotz Kündigung von 8 Monaten.
Grundsätzlich kann im Privatrecht eine Kündigungsfrist nach Belieben vereinbart werden. Werden Kündigungsklauseln in AGB verwendet, gilt die Vertragsfreiheit jedoch nur insoweit, als sie den Vertragspartner des Verwenders nicht unangemessen benachteiligt. Dabei wird die Abweichung vom Gesetzestext untersucht. Betreuungsverträge gelten nach dem BGB als Dienstverträge.
Bei Dienstverträgen gilt eine Kündigung nach § 621 BGB als fristgemäß erklärt, wenn sie spätestens am 15. eines Monats für den Schluss des Kalendermonats ausgesprochen wird. Einer gesetzlichen Kündigungsfrist von 2 Wochen stehen folglich 7 Monate gegenüber.
Die Gegenseite möchte diese unverhältnismäßige Verlängerung mit völlig zusammenhangslosen Vergleichen begründen. Sie argumentiert mit Kündigungsfristen beim Klavierunterricht, bei einem „Single-Freizeitclub“ oder mit der Versagung einer außerordentlichen Kündigung bei einem Umzug.
All dies ist hier jedoch nicht gegeben. Vorliegend ging es um eine Kündigung während der Eingewöhnungszeit, als festgestellt wurde, dass die vereinbarten Betreuungsstunden nicht eingehalten werden konnten.
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Die Eltern hatten kein Vertrauen in die Einrichtung.
In Fällen von Dienstverträgen, die eine besondere Vertrauensstellung beinhalten, erlaubt § 627 BGB sogar eine fristlose Kündigung ohne Angabe von Gründen. Bei Kinderbetreuungsleistungen kann eine solche Vertrauensstellung möglicherweise bejaht werden.
Man gibt seine eigenen Kinder in die Obhut anderer. Ein Grundvertrauen ist dabei unabdinglich. Um jedoch einen Ausgleich zu schaffen zwischen den Interessen der Eltern und der Planungssicherheit einer Kitaeinrichtung ist es angemessen, eine Kündigungsfrist zu vereinbaren.
Es stellt sich dabei aber stets die Frage, wie lang eine solche angemessene Frist sein darf.
Ein Kitavertrag ist in der Bedeutung für den Dienstleistungsempfänger und in der Intensität der Beziehung vergleichbar mit einem Pflegevertrag über ambulante Leistungen. In beiden Fällen muss ein Grundvertrauen gegeben sein, damit die Leistungen zur Zufriedenheit erfüllt werden können. In Bezug auf einen Pflegevertrag hat der BGH im Jahr 2011 entschieden, dass nach der ersten Behandlung eine Kündigungsfrist von 14 Tagen besteht. Nach Ablauf dieser 14 Tage, muss eine fristlose Kündigung gewährleistet sein.
Falls in den AGB eine generelle Kündigungsfrist von 14 Tagen vereinbart ist, benachteiligt dies den Vertragspartner unangemessen. Diese Klausel ist unwirksam.
Es ist nicht ersichtlich, was eine derartige Ungleichbehandlung der Kündigungsfristen der dem Grunde nach vergleichbaren Verträge rechtfertigen soll. In beiden Verträgen geht es um die Intimsphäre des Einzelnen. Bei beiden Verträgen besteht eine große persönliche Nähe zu der zur Pflege oder Betreuung verpflichteten Person.
Die Kinder sind den Eltern gerade in den Anfangsjahren das Wichtigste und Bedeutendste im Leben. Folglich sollen sie auch dementsprechend behandelt werden. Eine Kündigungsfrist von 8 Monaten ist unserer Auffassung nach daher schlichtweg unangemessen und nichtig.
Ein von uns in diesem Zusammenhang in Frankfurt am Main geführtes Verfahren wird wohl im April entschieden werden. Wir berichten.
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